In der Leber wird die Gallenflüssigkeit gebildet, die anschließend in der Gallenblase gespeichert und bei jedem Nahrungsangebot ausgeschüttet wird. Die Gallenflüssigkeit dient dazu, die aus der Nahrung stammenden Fette zu emulgieren und so leichter für die Verdauungsenzyme aus der Bauchspeicheldrüse verfügbar und verdaubar zu machen. Diese spalten die Fette dann komplett auf.
In der Gallenflüssigkeit sind u.a. die Gallensäuren enthalten. Diese werden normalerweise nicht mit dem Stuhl ausgeschieden, sondern im unteren Dünndarm ins Blut rückresorbiert. Über den Blutkreislauf gelangen sie wieder in die Leber und werden dort wieder der Gallenflüssigkeit zugeführt. Bei dieser Art der Zirkulation oder Recycling-Prozess spricht man vom so genannten enterohepatischen Kreislauf.
Beim so genannten Gallensäureverlustsyndrom werden die Gallensäuren im terminalen Ileum allerdings nicht zurückresorbiert, weil der Mechanismus nicht mehr funktioniert. Sie gelangen stattdessen in den Dickdarm, von wo aus sie später mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Somit fehlen sie einerseits im Dünndarm und bei der Fettverdauung, andererseits reizen sie die empfindlichen Schleimhäute im Dickdarm und verursachen hier Schäden im Darmmilieu.
Mögliche Symptome können sein:
- reizdarmartige Beschwerden
- Durchfall mit krampfartigen Schmerzen
- breiiger Stuhlgang
- Blähungen
- Völlegefühl
- Besserung der Beschwerden bei Nahrungskarenz
- Fettstuhl (Steatorrhoe)
- erhöhtes Risiko von Gallensteinen
- Mangel an fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K)
Da Vitamin B12 ebenfalls im terminalen Ileum aufgenommen wird, kann es zu einem Vitamin B12-Mangel kommen, obwohl dieses nicht fett-, sondern wasserlöslich ist.
Zu den Ursachen des Gallensäureverlustes gehören z.B. entzündliche Darmerkrankungen wie M. Crohn oder entzündliche Veränderungen am terminalen Ileum. Auch eine nicht richtig schließende Klappe zwischen terminalem Ileum und Dickdarm (Bauhin-Klappe) kann zum Verlust von Gallensäuren führen. Aber auch andere Erkrankungen des gesamten Verdauungsapparats oder Operationen im Darmbereich können zum Gallensäureverlustsyndrom führen. In der Praxis ergeben die durchgeführten Stuhluntersuchungen oft auch bei latenten Entzündungen der Darmschleimhaut einen Gallensäureverlust.
Die Folge eines Gallensäureverlustsyndroms kann u.a. eine Dünndarmfehlbesiedelung sein. Durch den Defekt der Bauhin-Klappe können Bakterien aus dem Dickdarm in den Dünndarm aufsteigen, wo sie eigentlich nicht hingehören.
Nachgewiesen wird das Gallensäureverlustsyndrom über eine Stuhluntersuchung in darauf spezialisierten Laboren.
Die Therapie des Gallensäureverlustsyndroms richtet sich nach ihrer Ursache. Manchmal ist auch nur eine symptomatische Therapie möglich, z.B. wenn durch eine Operation der untere Dünndarmabschnitt zu sehr geschädigt oder komplett entfernt wurde. In einem solchen Fall werden z.B. zusätzlich zu Ernährungsmaßnahmen fehlende Vitalstoffe substituiert und nur kleine Fettmengen verzehrt. Es stehen zudem pflanzliche Arzneimittel zur Verfügung. Bei starken Ausprägungsformen des Gallensäureverlustsyndroms müssen ggf. die Gallensäuren gebunden werden, um so zu verhindern, dass sie die Dickdarmschleimhaut reizen. Außerdem fehlen sie dann in der Gallenflüssigkeit und bei der Fettverdauung, was entsprechende Maßnahmen auf den Plan ruft.
In der Praxis zeigen sich neben dem Gallensäurenverlsutsyndrom aber noch andere Störungen des Darmmilieus. Im Rahmen der Darmtherapie wird dann auch das Gallensäureverlustsyndrom mitbehandelt.